TEXTGRÖSSE:
Marc-Uwe KlingKomödiant
Vorlautes Beuteltier


Geboren 1982, studierte Marc-Uwe Kling Philosophie und Theaterwissenschaft in Berlin. Seit 2003 tourt er auf deutschen Bühnen, zunächst als Slam-Poet, dann auch als Komödiant. Seit 2006 wurde er mit mehr als zehn Kabarettpreisen ausgezeichnet. Seine Känguru-Hörbücher sprühen vor Humor.


Jörg Steinleitner:  Herr Kling, in Ihren Hörbüchern "Die Känguru-Chroniken" und "Das Känguru-Manifest" berichten Sie von Ihrem Zusammenleben mit einem Känguru. Wie kam das Känguru zu Ihnen?

Marc-Uwe Kling:  Es ist gegenüber eingezogen, hat bei mir geklopft, sich ein paar Sachen geborgt, ist immer öfter rübergekommen und schließlich hat es sich permanent in meinem Wohnzimmer niedergelassen.

Jörg Steinleitner:  Das Känguru ist faul, es liegt den ganzen Tag in der Hängematte. War es ein Fehler, es in die Wohnung zu lassen?

Marc-Uwe Kling:  Keineswegs. Ich wüsste gar nicht, worüber ich ohne das Känguru schreiben sollte. Außerdem ist es nicht faul aus Faulheit, sondern faul aus Prinzip. Es setzt dem Druck der Leistungsgesellschaft demonstrativ das schon von Marx’ Schwiegersohn Paul Lafargue geforderte „Recht auf Faulheit“ entgegen.

Jörg Steinleitner:  Das Känguru bezeichnet sich als Kommunisten. Können Sie dies aus Ihren Erfahrungen mit dem Vieh bestätigen?

Marc-Uwe Kling:  Vorsicht! Auf die Bezeichnung „Vieh“ würde es selbst wahrscheinlich mit dem Zücken seiner roten Boxhandschuhe reagieren. Kommunist ist es angeblich aus langer Familientradition. Sein Urgroßvater kannte Lenin, der Großvater kämpfte im spanischen Bürgerkrieg und das Känguru selbst war früher angeblich beim Vietcong.

Jörg Steinleitner:  Insgesamt scheint das Känguru nicht an die Demokratie zu glauben.

Marc-Uwe Kling:  Nein, nein. Es glaubt nur, dass unsere Demokratie nicht sonderlich demokratisch ist, dass man auf dem Wahlschein eben nur den Schein einer Wahl hat.

Jörg Steinleitner:  Das Tier hat eine Not-to-do-Liste erstellt. Was steht da drauf?

Marc-Uwe Kling:  Auf der Liste stehen allerhand Dinge die das Känguru keinesfalls tun möchte. Zum Beispiel „frühzeitig an die eigene Rente denken“ oder „etwas kaufen, weil es Aloe Vera enthält“. Das Projekt ist etwas ausgeartet und inzwischen mehrbändig.

Jörg Steinleitner:  Das Känguru macht sich einen Spaß daraus, Zitate berühmter Menschen anderen berühmten Menschen zuzuschreiben. Zum Beispiel behauptet es, der Spruch „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann. Frage, was du für dein Land tun kannst“, sei von Kim Jong-il. Was ist Ihr falsch zugeordnetes Lieblingszitat?

Marc-Uwe Kling:  „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten.“ – Bob der Baumeister

Jörg Steinleitner:  Einmal legt sich das Känguru mit einem sechsjährigen Kind an, dessen größter Traum es ist, einen lückenlosen Lebenslauf zu bekommen. Das Känguru findet das krank. Wer ist denn hier nun krank?

Marc-Uwe Kling:  Na die Gesellschaft! Ist doch klar.

Jörg Steinleitner:  Sie haben Ihr Philosophiestudium zweimal abgebrochen, das Känguru hat vermutlich gar nicht studiert. Was soll aus Ihnen beiden noch werden?

Marc-Uwe Kling:  Das Känguru hat studiert. Das Leben. Was aus uns wird? Kann man irgendwann im dritten Teil nachlesen. Der heißt dann "Die Känguru-Offenbarung".

Jörg Steinleitner:  Herr Kling, vielen dank für das Gespräch.



Das Interview war abgedruckt im Hörbuch-Magazin, Ausgabe 2012, Heft 1.

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