TEXTGRÖSSE:
Jan WeilerBestseller-Autor und "Maria ihm schmeckt's nicht"-Erfinder
Die große italienische Schaumparty


Jan Weiler über weiße Anzüge, kuschelige Geborgenheit und seinen neuen Bestseller "Antonio im Wunderland".


Jörg Steinleitner:  Herr Weiler, Sie sind mit "Maria, ihm schmeckt's nicht" und "Antonio im Wunderland" innerhalb von zwei Jahren in die Riege der absoluten Bestseller-Autoren aufgestiegen. Tragen Sie nun weiße Anzüge mit roten Schals und geben Champagner-Partys?

Jan Weiler:  Komisch, dass Sie nach weißen Anzügen fragen, ich habe nämlich tatsächlich neulich einen gekauft, für eine so genannte Mottoparty. Der war ganz billig, hat aber Nanotechnik: Man kann Rotwein draufschütten und der perlt einfach ab. Habe ich dann auch den halben Abend gemacht. Ansonsten bleibt mein Leben weit gehend frei von exzentrischen Anschaffungen.

Jörg Steinleitner:  Was hat sich beruflich und privat in Ihrem Leben geändert? Wie sieht Ihr Alltag nun aus, da Sie nicht mehr als Chefredakteur des SZ-Magazins täglich ins Büro müssen?

Jan Weiler:  Vor allem muss ich nicht mehr in Konferenzen und meine intensivsten Diskussionen führe ich jetzt über den Fernsehkonsum meiner Tochter. Nach zehn Jahren beim SZ-Magazin bin ich für diese Abwechslung ganz dankbar, meine Tochter findet allerdings, ich könne gerne mal wieder in eine Redaktion gehen. Mein Alltag besteht jedenfalls auch weiterhin darin, dass ich mir darüber Gedanken mache, wie ich mein Publikum gut unterhalten kann. Das war beim SZ-Magazin auch schon so.

Jörg Steinleitner:  War das Schreiben des zweiten Buches wegen des Erfolgsdrucks schwieriger als das des ersten?

Jan Weiler:  Nein, gar nicht. Ich empfinde den Erfolg der Bücher nicht als bedrückend, sondern als Motivation.

Jörg Steinleitner:  Macht Ruhm glücklich?

Jan Weiler:  Ich bin ja gar nicht berühmt, so in dem Sinne wie ein Schauspieler oder Sportler berühmt ist. Mich erkennt auch zum Glück niemand auf der Straße. Berühmt sind nur die Figuren aus den Büchern – damit kann ich prima leben und bin mit deren Ruhm sehr glücklich.

Jörg Steinleitner:  Spricht Ihr italienischer Schwiegervater, der den wunderbar sympathischen, gelegentlich aber auch lächerlichen Helden von "Antonio im Wunderland" inspiriert hat, noch mit Ihnen?

Jan Weiler:  Einspruch! Der ist nicht lächerlich. Der ist menschlich, vielleicht eine Art moderner Don Quichotte, aber doch bitte kein Trottel. Und weil er sich auch nicht so geschildert sieht, spricht er nach wie vor sehr gerne mit mir.

Jörg Steinleitner:  Antonio sucht am Krefelder Bahnhof ebenso wie in New York nach Italienern. Ist es ein Irrtum, dass wir beim Reisen etwas Fremdes suchen? Suchen wir in Wahrheit, wenn wir reisen, stets nur Varianten dessen, was wir schon kennen?

Jan Weiler:  Ja, das glaube ich schon. Sobald die Bezugspunkte verschwinden, fühlen wir uns fremd und sind verunsichert. Mir passiert das leider sehr schnell, ich fühle mich schon auf Mottopartys mit weißen Anzügen wie ein Außerirdischer.

Jörg Steinleitner:  Reisen Sie selbst gerne?

Jan Weiler:  Nein, überhaupt nicht. Ironischerweise muss ich aber beruflich viel reisen und es stresst mich ungeheuer.

Jörg Steinleitner:  Sind Deutschland oder Italien fremdenfeindliche oder nur fremdenängstliche Länder?

Jan Weiler:  Das läuft leider auf dasselbe hinaus, nämlich eine diffuse Ablehnung des Fremden. Da unterscheiden sich die meisten Länder nicht voneinander. Und die Globalisierung schürt diese Ängste noch. Leider gibt es aber dazu heute wohl keine Alternative.

Jörg Steinleitner:  In "Antonio im Wunderland" schildern Sie auch eine zufällige Begegnung von Antonio mit Robert de Niro in New York. Wie viel Prozent Wahrheit stecken in dieser skurrilen Begebenheit, die in einer schrägen Party in einer Hotelsuite endet? – Waren Sie mit Ihrem echten Schwiegervater überhaupt jemals in New York?

Jan Weiler:  Die Geschichte mit Robert de Niro ist natürlich erfunden, aber ich war schon mal in dieser Hotelsuite als ich vor vielen Jahren eine Reisereportage gemacht habe – leider aber ohne Schaumparty. Mein Schwiegervater und ich waren im vergangenen Jahr zu Recherchezwecken auch noch mal in New York. Aber es ist nichts passiert und ich musste mir alles ausdenken.

Jörg Steinleitner:  Was bedeutet es für Sie, Mitglied einer Familie zu sein – täglicher Wahnsinn? Kuschelige Geborgenheit? Zahllose Verpflichtungen?

Jan Weiler:  Natürlich von allem etwas in unterschiedlicher Stärke. Es dominiert aber kuschelige Geborgenheit.

Jörg Steinleitner:  Schreiben Sie bereits an einem neuen Buch? Wird es ein weiteres von Ihrer italienischen Familie inspiriertes Werk geben? Mit der Geburt des Kindes des Erzählers am Schluss von "Antonio im Wunderland" haben Sie ja bereits den Samen für eine zweite humorige Familiensaga gelegt.

Jan Weiler:  Ja, das stimmt. Das lässt sich so lesen. Eigentlich ist kein weiteres Antonio-Buch geplant, ich wüsste auch nicht, was drin stehen sollte. Aber das wusste ich bei den ersten Büchern auch nicht. Im Moment schreibe ich an dem Drehbuch zu der Verfilmung von "Maria, ihm schmeckt’s nicht". Dann muss ich Urlaub machen, dann ist die Lesereise und im nächsten Jahr wird gedreht. Danach sehen wir weiter.

Jörg Steinleitner:  Herr Weiler, vielen Dank für das Gespräch.



Das Interview wurde in Auszügen abgedruckt in buchSzene 3/2005. www.buchszene.de

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